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Was Angelina Jolie mit den MIG Fonds zu tun hat

Ein Kommentar von Dr. Matthias Kromayer, General Partner der MIG AG

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Wer schon einmal erlebt hat, dass ein Angehöriger oder lieber Freund eine Krebsdiagnose erhält, weiß: Das Schlimmste ist die Ungewissheit. Wie weit ist der Tumor fortgeschritten? Wie bösartig ist er?

Welche Prognose hat der Patient?

Das Schwierige daran: Den Ärzten fehlen ganz einfach die Werkzeuge, mit denen sie solche Fragen einigermaßen präzise beantworten könnten. Noch heute, im Zeitalter von künstlicher Intelligenz, Big Data und spektakulären Behandlungsmethoden diagnostizieren, analysieren und beurteilen Ärzte Krebserkrankungen oft noch mit Methoden aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts: Da wird ein Tumor unter der Lupe besichtigt, vermessen und nach seinem Aussehen gemäß der ABCD-Regel klassifiziert. Kleinste Tumorproben werden hauchdünn geschnitten, gefärbt und unter dem Mikroskop auf ihre zelluläre Zusammensetzung hin untersucht. Lymphknoten müssen teilweise oder ganz entfernt und anschießend unter dem Mikroskop untersucht werden, um einen möglichen Befall zu erkennen. Und zuletzt suchen die Ärzte noch mit teuren Verfahren nach Metastasen in anderen Organen.

Noch heute, im Zeitalter von künstlicher Intelligenz, Big Data und spektakulären Behandlungsmethoden diagnostizieren, analysieren und beurteilen Ärzte Krebserkrankungen oft noch mit Methoden aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts.

Dieses TNM („Tumor, Node [Lymphknoten], Metastase“)-Schema soll Ärzten seit mehr als 60 Jahren dabei helfen, Krebserkrankungen in „Stadien“ einzuteilen. Leider oft mit geringer Aussagekraft, denn das Aussehen eines Tumors verrät so gut wie nichts über seine Gene – aber die entscheiden unter anderem über seine Aggressivität: Krebs ist eine erworbene genetische Erkrankung! Deshalb ist es so wichtig zu verstehen, welche Gene im Tumor und seiner Umgebung wie verändert sind. Ohne dieses Verständnis kann kein Arzt eine zuverlässige Prognose stellen. Vielen Ärzten geht es nach dem TNM-Staging oft wie weiland Dr. Faust:

„Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!“.

Dramatisch kann das für Ärzte und Patienten werden, wenn sie gemeinsam die Entscheidung treffen müssen, ob der Patient neben einer OP noch eine Medikamententherapie erhalten soll. Die ist zwar manchmal hochwirksam, aber oft sehr teuer und – was für die Patienten viel unangenehmer ist – mit gefährlichen Nebenwirkungen versehen. Wie hilfreich wäre da eine molekulare Entscheidungshilfe, die dem Arzt eine zuverlässige Prognose gibt:

Hat der Patient nach einer OP ein hohes oder niedriges Risiko, dass sein Tumor ein Rezidiv entwickelt, also „zurückkommt“?

Für einige Tumorarten gibt es das bereits. Mancher erinnert sich an den bewegenden Artikel von Angelina Jolie in der New York Times aus dem Jahr 2013. Darin erklärte sie der Öffentlichkeit, dass sie eine seltene, aber gefährliche Variante des BRCA1-Gens trüge und deshalb ein hohes Risiko hätte, Brust- oder Eierstockkrebs zu entwickeln. Myriad Genetics, das Unternehmen, das den BRCA1-Test entwickelte, setzte 2018 rund 790 Mio. US$ damit um, auch wenn es nur um einen seltenen Sonderfall geht. Für die meisten Brustkrebspatientinnen ist viel wichtiger zu wissen, ob sie nach einer OP noch eine Chemotherapie machen sollen. Genomic Health vermarktet hierfür seit 2005 einen Test als Entscheidungshilfe. Das Unternehmen machte 2018 knapp 400 Mio. US$ Umsatz und wurde 2019 für 2,8 Mrd. US$ von Exact Science gekauft.

MIG hat sich jetzt an der Neracare GmbH beteiligt. Das kleine Unternehmen mit Sitz in Köln hat ein molekulares Muster entdeckt, mit dem man Patienten mit schwarzem Hautkrebs nachweislich in Hoch- und Niedrigrisikogruppen für ein Rezidiv einteilen kann. Patienten im klassischen Stadium III können von diesem Melagenix®-Test profitieren: Rund 75 % von ihnen haben ein nur niedriges Rezidivrisiko, aber erhalten heute fast alle nach dem Herausschneiden des Tumors eine Medikamentenbehandlung. Und das, obwohl diese nicht nur teuer und nebenwirkungsreich ist, sondern ihnen gar nichts bringt! Auch Patienten mit einem Hautkrebs im Stadium II werden wahrscheinlich vom Melagenix®-Test profitieren: Etwa 10 % von ihnen bräuchten eigentlich eine zusätzliche Behandlung, aber mit bisher existierenden Mitteln wissen Ärzte nicht, welchen Patienten sie eine Behandlung empfehlen sollen.

NeraCare hat ein molekulares Muster entdeckt, mit dem man Patienten mit schwarzem Hautkrebs nachweislich in Hoch- & Niedrigrisikogruppen für ein Rezidiv einteilen kann.

Auch wirtschaftlich ist Melagenix® für alle Beteiligten attraktiv: Für die Kassen, weil sie nur denjenigen Patienten teure Medikamente zahlen müssen, die sie wirklich brauchen. Für die Ärzte, weil sie mit dem Test voraussichtlich die unauffälligen, aber gefährdeten Patienten „herauspicken“ können, die ansonsten keine Therapie bekämen. Für die Pharmaindustrie, weil es so viele Patienten im Stadium II gibt, die mit dem Melagenix ®-Test erschlossen werden können. Und für die Patienten sowieso.

Wenn sich der Test wie erwartet im Markt durchsetzt, könnte sich auch die Investition der MIG Fonds gelohnt haben. Für diesen Erfolg bräuchten wir auch keine Prominente – auch wenn wir uns freuen, hoffentlich vielen Patienten helfen zu können!

Neracare wurde von Experten auf dem Gebiet des schwarzen Hautkrebses und seiner genetischen Analyse gegründet. Geschäftsführer und Mitgründer Dr. Matthias Ackermann ist ein erfolgreicher und erfahrener Manager in der deutschen Onkologie. Im Jahr 1994 gründete er die megapharm GmbH, die er zum größten europäischen Spezialdienstleister für Krebsmedikamente aufbaute und im Jahr 2008 an Alliance Boots/KKR verkaufte

 

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