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Biocrates_Dr_Wulf_Fischer-Knuppertz

Mit Metabolomik in eine neue Welt

Dr. Fischer-Knuppertz bekleidete in den letzten 25 Jahren verschiedene Führungsrollen in der Diagnostik- und Pharmaindustrie. Er promovierte in Tiermedizin an der LMU München und hat einen Executive MBA der St. Gallen Business School, Schweiz. Seit 01.Juni 2013 ist er Vorstandsvorsitzender
der BIOCRATES Life Sciences AG.

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Herr Dr. Fischer-Knuppertz, die Metabolomik weckt große Erwartungen. Inwiefern?

Wenn ich etwas ausholen darf: Von der Entschlüsselung des humanen Genoms hat man viele Antworten erwartet. Diese Hoffnungen wurden aber nicht erfüllt. Bei der Proteomik war es ähnlich. Alles ist weit komplexer, als man dachte. Bei der Metabolomik sieht es deutlich besser aus. Wir wissen heute dank Stoffwechsel-Analysen, dass Alzheimer die Folge einer jahrzehntelangen, metabolischen Erkrankung ist. Auch bei Krebs deuten sich solche Zusammenhänge an. Wir beginnen also, Krankheiten systemisch zu verstehen. Das ist der Punkt, an dem BIOCRATES ansetzt. Wir können vorhersagen, welche Therapien wirklich erfolgsversprechend sind. Das ist ein Durchbruch.

Sie sprechen von personalisierter Medizin. Heißt das, Digitalisierung und Big Data sind die wichtigsten Treiber für BIOCRATES?

Wir bewegen uns im Bereich der Omics-Technologien, das ist ein neues Forschungsfeld, das sich mit großen Datenmengen beschäftigt, weil es, wie in unserem Fall, ganze Metabolome bewertet. Big Data ist das Tool, doch wir brauchen die richtigen Algorithmen, um aus den Daten eine Erkenntnis zu gewinnen: Wie finden wir biologisch homogene Gruppen? Warum bekommt ein Mensch Diabetes und der andere nicht? Wir reden von Systembiologie, betrachten also das Ganze, statt einen einzelnen Tumor. Die Amerikaner sagen auch Precision Medicine. Denn das Ergebnis ist eine individualisierte Therapie.

BIOCRATES ist in der Stoffwechsel-Analyse führend. Welche Technologie setzen Sie dafür ein?

Die Massenspektrometrie. Sie erlaubt uns, Hunderte Metabolen gleichzeitig zu messen, mit unseren Kits derzeit über 400. Zudem haben wir eine Software entwickelt, die die Gerätesignale direkt in absolute Konzentrationswerte umwandelt. So erfahren wir mehr über unser metabolisches Geschehen. Die Bedeutung des Mikrofilms wird heute viel stärker wahrgenommen. Auch deshalb erlebt die Metabolomik derzeit auch ein Revival in der Krebsforschung. Aus unserer Sicht vollkommen zu Recht. Ich habe 25 Jahre Diagnostik hinter mir. Alle suchen nach der nächsten Diagnostik-Technologie, die uns weiterbringt.
Ich behaupte, dass die Metabolomik das ist. Mit ihr stoßen wir in eine ganz neue Welt vor. Für uns als kleines Unternehmen ist es nicht ganz einfach, diesen Markt zu entwickeln. Aber wir sind auf einem guten Weg in Richtung Routinediagnostik. Wir sind weltweit das einzige Unternehmen, das Metabolomics-Kits anbietet.

Durch die Übernahme der Metanomics Health GmbH erweitert sich das Portfolio deutlich – welche Aspekte sind entscheidend dabei?

Die Metanomics Health, eine ehemalige Tochter der BASF Plant Science GmbH, hat eine Profiling-Technologie, mit der man sich ungezielt alle Metaboliten im Blut auf einmal anschauen kann. Gewissermaßen ein vorgelagerter Prozess zu unseren Kits, den wir bisher nicht besetzen konnten. Damit unterstützen wir die Pharmaindustrie bei der Arzneimittel-Entwicklung. Insofern die ideale Ergänzung für unser Portfolio.

»Mit Metabolomik stoßen wir in eine ganz neue Welt vor.«

 

Wer sind die typischen Anwender dieser Technologien und Lösungen?

Medizinische Labore und die Pharmaindustrie, mit ihrer klinischen Forschung. Acht der Top-Ten-Pharma-Unternehmen sind schon unsere Kunden. Ein weiteres Kundensegment sind die Epidemiologen. Also Leute, die aus Tausenden von Proben Studien erstellen.

Welche Indikationen bzw. chronischen Erkrankungen können dank BIOCRATES früher und schneller behandelt werden?

Bei allen chronisch-systemischen Erkrankungen sehen wir viel Potenzial, sie zu entschlüsseln. Alzheimer habe ich schon erwähnt. Wir wissen heute, dass viele Auto-Immunerkrankungen, von Diabetes Typ 1 über Multiple Sklerose, ja selbst Autismus und Neurodermitis, höchstwahrscheinlich mikrobiom-vermittelt sind. In unserem Blickfeld stehen auch Herz- und Gefäßkrankheiten und natürlich Krebs. Die großen Volkskrankheiten sind oftmals Endstadien von jahrzehntelang andauernden Vorerkrankungen, da decken wir jetzt die Zusammenhänge auf, bringen Licht ins Dunkel.

Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit der MIG AG, auch im Hinblick auf die aktuelle Übernahme?

Für uns ist die MIG ein visionärer Investor, der Weitblick und Ausdauer hat. Ohne die MIG hätten wir wohl jedes Jahr eine neue Finanzierungsrunde gehabt – so konnten wir unsere Energie ganz in den Aufbau unseres Geschäfts investieren. Aber es ist nicht nur das Teilen der gleichen Perspektive, sondern auch die Expertise. Wir haben Zugriff auf Finanzmarkt-Know-how, wichtig auch für den in naher Zukunft geplanten Börsengang. Die MIG ist bei allen wichtigen Entscheidungen dabei und hat uns bei der Übernahme sehr professionell betreut. Das ist für ein Startup- Unternehmen in unserer Größenordnung enorm wichtig.

 

Herr Dr. Fischer-Knuppertz, vielen Dank für das Gespräch.

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